TRAVEL

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben

21. August 2015

..aber tadeln darf man ihn auch nicht zu früh! Das fällt mir nun aber leider ein bisschen schwer. Besonders wenn ich extra früh aufstehe und dann stundenlang durch den Dschungel wandere mit gefühlten 1000 Höhenmetern die ich bezwingen muss, nur um dann zu dem Ergebnis zu kommen, dass sich die erwartete Aussicht so gar nicht dort befindet wo ich mich gerade aufhalte.

Aber nun von vorne. Cameron Highlands – schon vor der Reise so viel darüber gehört und geträumt von den Weiten der Teeplantagen – Hügel und Pfade so weit das Auge reicht. Also Bus und Zimmer von Penang aus gebucht und in knappen 6 Stunden war ich auch schon eingecheckt. Von der Stadt Tanah Rata habe ich schon im Vorhinein nicht viel erwartet – sie ist klein, besteht aus einer Hauptstraße, ein paar Seitenstraßen, Guesthouses und Hotels und natürlich einer Foodmeile mit allerlei Indischen und Malayischen Gerichten. Also bestand Tag Eins nur aus der Anreise und Herumschlendern, um etwas zu Essen zu finden. Da haben mich das Tandoori Chicken und das Banana Leaf Set schon sehr glücklich gemacht.

Der Aktionstag sollte der Samstag werden, dafür habe ich mir mit meinen Reisepartnerinnen extra eine schöne Route aus den ganzen Wegen, die es zum Hiken rund um Tanah Rata gibt, ausgesucht und sind früh morgens losgewandert. Wege 4, 6, 3 und 7 sollten es werden – angesetzt für insgesamt ca. 5 Stunden. Wege 4 und 6 gingen direkt mitten durch den Dschungel bergauf und bergab und ich war guter Dinge bald auf dem Gipfel eine tolle Aussicht auf Teeplantagen zu erhaschen. Nachdem das auf den beiden Pfaden leider so gar nicht der Fall war, habe ich auf das Ende von Weg 3 gesetzt (da war auf der Karte immerhin ein Gipfelzeichen markiert!). Doch dort war ich nur noch enttäuschter, da die Aussicht sich auf eine grau-weiße Nebelwand beschränkte und so gar nicht nach dem aussah, was ich von den Bildern kannte. Nach knappen 5 Stunden über etliche Höhenmeter, Morast und umgefallene Bäume kam ich also wieder in meinem Dörfchen an und war eigentlich schon völlig enttäuscht von meinem Besuch in den Cameron Highlands – wo verstecken sich diese Teeplantagen denn bitte?

Ziemlich geknickt ging’s dann also zum lokalen Busbahnhof, um vielleicht da ein paar Infos einzuheimsen. Die gab’s dann auch von einer netten Anwohnerin, nämlich dass diese Hiking-Trails, denen wir so euphorisch den kompletten Vormittag und Mittag gefolgt waren überhaupt zu keinen Plantagen führen. Dafür müsse man entweder (Option 1) mit dem Taxi oder (Option 2) dem Bus bis hinter den nächsten Ort fahren und dann vom Bus aus noch eine Stunde laufen. Okay ups, evtl. hilft es doch, sich vorher mal `nen Stadtführer durchzulesen oder auch einfach mal zu fragen wo denn was ist, bevor man übermütig losläuft. Aber so entstehen ja bekanntlich die besten Anekdoten. Option 2 ist für mich direkt flach gefallen, denn ich laufe daheim zwar schon gern die ein oder andere Runde um den Block, aber nach diesem Gekraxel im Dschungel bin ich wirklich mehr als genug gelaufen und meine Oberschenkel hatten inzwischen schon die Konsistenz von Pudding. Also weiter zur Taxistation wo wir die Wahl hatten zwischen Oneway oder Hin- und Rückfahrt. Mit der Wahl der gemütlichen Variante wurde uns ein Taxifahrer zugewiesen, der so gar nicht begeistert schien, uns mitzunehmen. Gelangweilt und ohne auch nur einen von uns anzusehen schlenderte er zu seinem Auto und setzte sich. Grimmig und ohne auf ein Hallo zu reagieren fuhr er los – da kann ich mir den Gedanken nun wirklich nicht verkneifen, dass ich diesen Herren genauso wenig mag wie den ganzen Tag bisher.

Aber irgendwie musste er sich an neue Fahrgäste wohl einfach nur gewöhnen, denn schon 5 Minuten später bekommen wir während der Fahrt Informationen und Fakten über den Tee-Anbau in den Cameron Highlands. Er kann fast alle unsere Fragen beantworten und hat sogar Tipps, wo man die schönsten Bilder machen kann. Plötzlich ist er mir so gar nicht mehr unsympathisch, sondern viel eher der beste Taxifahrer aka. Reiseführer, den ich auf einer Reise je getroffen habe.

Und so wandelt sich der Tag und meine bisher so trübe Laune, denn bei der Ankunft (der nun wirklich fürs Laufen viel zu weit entfernten Teeplantagen) bin ich einfach glücklich über den Anblick der sich mir da bietet. Die Landschaft ist atemberaubend – unendliche Weiten an Teeplantagen, eine kleine Führung durch die Manufaktur und natürlich eine Teeverkostung samt Scone haben den Tag nach der langen Wanderung doch noch zu einem Erfolg gemacht.

Mal wieder ein Beweis dafür, dass man auch auf Umwegen zum Ziel kommen kann, mit einer guten Geschichte über das eigene Unvermögen im Gepäck und durch die Wander-Einlage einer Extra Portion Sport noch dazu ;).

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